Dr. med. Yavuz Kara
Dr. med. Stefan Meyring M.Sc.
Mit Hilfe evozierten Potentiale (lateinisch evocare, "herbeirufen", "hervorrufen"; "Potential") können die Leit- und damit die Funktionsfähigkeit von Nervenbahnen getestet werden kann. Das Prinzip beruht auf einer Reizung eines Sinnesorgans oder peripheren Nervs und der Beobachtung des dadurch ausgelösten elektrischen Potentials in verarbeitenden Regionen des Zentralnervensystems.
Visuell evozierte Potentiale (VEP) ermöglichen eine Beurteilung des Sehnerven und der Sehbahn. Bei der Untersuchung betrachtet der Patient ein Schachbrettmuster, das in Sekundenabständen seine Farben umdreht (schwarz wird zu weiß und umgekehrt). Die dadurch ausgelösten elektrischen Potentiale in der Sehrinde werden aufgezeichnet. Die Untersuchung hat ihre Bedeutung vor allem in der Diagnostik von Sehnervenentzündungen wie z. B. bei der Multiplen Sklerose.
(Frühe) akustisch evozierte Potentiale (FAEP) ermöglichen eine Beurteilung der zentralen akustischen Bahn im Hirnstamm und des Hörnervs. AEPs sind wesentlich für die Diagnostik der Akustikusneurinome. Es werden insgesamt fünf Wellen hinsichtlich Höhe (Amplitude) und Abstand zueinander beurteilt.
Somatosensibel evozierte Potentiale (SEP) ermöglichen eine Beurteilung der zentralen somatosensiblen Leitungsbahn und peripherer, sensibler Nerven. Über eine Stimulationselektrode in der Nähe eines sensiblen Nerven werden wiederholte elektrische Reize gesetzt. Die Messelektroden werden an der Kopfhaut angebracht. Weitere Messelektroden können entlang dem peripheren Nerven und über den Reiz verarbeitenden Zentren des Rückenmarks und Gehirns angebracht werden.Durch Vergleich der Laufzeiten und der Entfernungen kann dann bestimmt werden, in welchem Abschnitt eine etwaige Verzögerung des Signals aufgetreten ist (Etagendiagnostik).